Die Jägersprache
Auszüge aus der Jägersprache
Jede Fachrichtung hat ihre speziellen Begriffe. Die Beschäftigung mit der Sprache der Jäger hat zudem einen weiteren reizvollen Aspekt: eine kleine Reise in die Vergangenheit. Über lange Zeit überliefert, finden sich hier noch Begriffe, wie sie in der heutigen Sprache nicht mehr üblich sind. Heute ist es ebenso Bemühen wie Brauchtum der Jägerschaft, zumindest einen Teil dieser Sprache am leben zu erhalten.
Möchte Sie eine kleine Auswahl kennenlernen?
Man nennt sie auch Waidmannssprache und es ist beeindruckend, wie diese Zunftsprache nicht nur als wesentlicher Bestandteil des jagdlichen Brauchtums seit dem 7 .Jahrhundert – nur bis hier reichen leider entsprechende Urkunden – gewachsen ist, sondern in einer Vielzahl von Ausdrücken und Wendungen heute auch für Nichtjäger zum allgemeinen Sprachgut geworden ist.
Sicher finden Sie im folgenden Begriffe, die Sie schon häufig verwendet haben – die Ursprünge sind jagdlicher Natur:
• von etwas Wind bekommen
• sich nicht in´s Gehege kommen
• durch die Lappen gehen
• etwas auf´s Korn nehmen
• die Flinte in´s Korn werfen
• sich mit fremden Federn schmücken
• sich an den Hut stecken
• auf der Strecke bleiben
Seit Beginn des 12. Jahrhunderts begann sich die Jägersprache zur Zunftsprache der Jäger zu entwickeln und erreichte ihren Höhepunkt im 17. und 18. Jahrhundert. Man sagt, sie ist im Vergleich zu anderen Zunftsprachen die ausgebildetste und reichhaltigste, zudem ist es eine sich ständig weiterentwickelnde Sprache. Sie umfasst ca. 6.000 jagdliche Ausdrücke, wobei man davon ausgehen kann, dass ungefähr 3.000 zum allgemeinen Grundbestand gezählt werden können. Der Altmeister der deutschen Sprachwissenschaft, Jacob Grimm, nennt die Jägersprache sogar poetisch und episch, weil sie wie das Epos eine Fülle von bildlichen Wörtern enthält. In Bezeichnungen für Wildkörperteile, Sinnesäußerungen des Wildes, jagdlichem Handwerken des Jägers und anderem jagdkulturellem Handeln wird schnell deutlich, was er damit meinen könnte.
Die Jägersprache ist auch mundartlich geprägt, besonders in den Alpenländern ist sie sehr umfangreich. Obwohl sie im Rahmen der Vorbereitung auf die Jägerprüfung gelehrt wird, ist sie zwar kein Prüfungsbestandteil, wohl aber ein Kennzeichen für einen „gerechten“ Jäger oder eine „gerechte“ Jägerin, also einer Person, die das Waidwerk gründlich versteht.
Sprachwissenschaftlich sehr interessant und auch kulturell von großer Bedeutung sind die Herleitungen dieser Begriffe; der Rahmen unseres kleinen „Jägersprachen 1 x 1“ ist aber schnell gesprengt.
Einige Beispiele:
Aufbaumen: Der Aufstieg des Jägers auf die Ansitzleiter Kanzel (Gegenteil: Abbaumen.
Ausfahrt: Der Ausgang einer Röhre beim Fuchs-, Dachs- oder Kaninchenbau (Gegenteil: Einfahrt)
Bruch: Ein abgebrochener grüner Zweig von Eiche, Erle, Kiefer, Fichte oder Tanne, im Hochgebirge auch Lärche, Alpenrose und Wacholder (sog. bruchgerechte Holzarten). Er wird als Bruchzeichen bei erlegtem Wild (Wildbruch und letzter Bissen) sowie zur Verständigung der Jäger unter sich (Haupt-, Leit-, Anschuss-, Fährten-, Standplatz-, Warte– und Warnbruch) und als Schmuck (Erlegerbruch) verwendet.
Changieren: Ein Schweißhund wechselt von einer angenommenen Fährte auf eine andere.
"Down!" Auch: "Nieder!", "Platz!" oder "Runter!" Befehl für den Jagdhund, sich niederzulegen. Ein gut abgeführter Jagdhund muss sich auf das Hochstrecken des rechten Armes und/oder Trillerpfiff niederlegen, down machen.
Erdhund: Bauhund, Sammelbegriff für Hunderassen, die zur Baujagd, also unter der Erde, verwendet werden; Teckel und Terrier.
Fährtenkunde: Die Lehre von den Spuren und Fährten aller Wildarten.
Geheck: Der Nachwuchs (Wurf) des Raubwildes, insbesondere beim Fuchs: „ein Geheck Füchse“.
Hubertus: Der heilige Hubertus; ein Schutzpatron der Jägerei. 700 bis 728 Bischof von Lüttich; seine Gebeine sollen in der Abtei St. Hubert in den Ardennen ruhen. Ursprünglich waren der hl. Eustachius und der hl.Iwan Schutzheilige der Jägerei.
Isegrim: Fabelname des Wolfes.
Jagdgöttin : In der griechischen Mythologie Artemis, in der römischen Diana.
Kahlwild: Bei Rot-, Dam-und Sikawild. Alles weibliche Wild und die Kälber beider Geschlechter, weil sie im Gegensatz zum Hirsch auf dem Haupt „kahl“ sind.
Licht: Bezeichnung für das Auge. Alles Schalenwild hat Lichter. Alles Haarraubwild, Hase, Kaninchen, Biber und Murmeltier hat Seher, alles Federwild Augen.
Malerfeder : Auch Schnepfenfedern oder Schnepfengrandeln; das kleine, vor der ersten Schwungfeder am Flügel sitzende Federchen der Waldschnepfe (auch beim Auerhahn und Fasan). Früher zum Malen feinster Striche verwendet; auch als Trophäe gebräuchlich.
Nasenbremsen: Auch Nasenbrehmen oder Rachenbremsen. Sammelname für mehrere Gattungen von Fliegen, deren Larven in den Luftwegen des Schalenwildes schmarotzen und Entzündungen verursachen.
Oculi: So heißt der 4. Sonntag vor Ostern. Gilt als Beginn des Schnepfenstrichs, des Balzfluges der Waldschnepfen. „Oculi, da kommen sie“.
Platzhirsch: Der stärkste Hirsch eines Brunftplatzes, der das Kahlwildrudel führt und Nebenbuhler abkämpft. In gleichem Sinne bei Auer- und Birkhahn (Platzhahn).
Quarthase: Ein Junghase (2-3 Monate alt), der etwa ein Viertel seiner späteren Größe erreicht hat.
Rotte: Eine Gesellschaft von Sauen (Schwarzwild/ Wildschweine), nicht jedoch für eine Bache mit Frischlingen. Auch umgangssprachlich: „zusammenrotten“.
Schlag: 1.Die Verletzung durch eine Sau mit dem Gewaff: „Der Hund wurde von dem Keiler geschlagen; 2.Der Ruf der Wachtel (Wachtelschlag) und einzelnes Knappen in der Balzarie des Auerhahns; 3.Die Unterteilung einer Hunderasse, leichter Schlag, schwerer Schlag.
Tritt: 1.Der Abdruck eines einzelnen Laufes bei allem Haarwild. Die Aneinanderreihung der einzelnen Tritte ergibt die Fährte oder die Spur; 2.In der Zusammensetzung Kreuztritt, Beitritt, Abtritt, Schloßtritt beim Rothirsch; 3.Bezeichnung für die Füße der Hühner, der kleineren Vögel und der Tauben.
Ungerade: So nennt man ein Geweih oder Gehörn, dessen Stangen eine ungleiche Endenzahl tragen, z.B. ungerader Zwölfer, ungerader Sechserbock.
Vorstehhund: Sammelbegriff für die Jagdhundrassen, die Niederwild vorstehen; es ist die Naturveranlagung des Vorstehhundes, in Lauerstellung zu verharren, wenn er Wild Witterung in die Nase bekommt, wittert.
Waffen: 1.Gewaff: die hervorstehenden Eckzähne im Ober- und Unterkiefer des Keilers. Die unteren werden Gewehre, auch Hauer oder Wetzer genannt, die im Oberkiefer stehenden Haderer; 2.Die Klauen des Luchses und der Wildkatze; 3.Die Krallen der Greifvögel; 4.Blanke Waffen des Jägers sind Saufeder, Schweinseisen, Hirschfänger, Waidblatt. Die Bezeichnung Waffe für Gewehr, Büchse, Flinte, Stutzen entspricht nicht der Jägersprache.
Zukunftsbock: oder Zukunftshirsch; gut veranlagte Rehböcke und Hirsche, die noch jung sind und daher geschont werden. Im Gegensatz zu Abschußbock und Abschußhirsch.
Aufbruch Eingeweide vom Hochwild
ausweiden beim Wild das Eingeweide entfernen (rote Arbeit vornehmen)
Bache weibliches Wildschwein
Balg Fell, Pelz, Haut
Balz Paarungsspiel der Vögel
Barteln Bartfäden der Fische
Basse (älterer) starker Keiler
Behänge Ohren beim Hund
Blatt Schulterblattgegend des Haarwildes
Blume Hasenschwanz
Brunft, Brunst Paarungszeit beim Wild
Bürzel Schwanz von Dachs und Wildschwein
Damwild Hirschart
Decke Fell, Pelz, Haut
Drossel Luftröhre, Kehle
Dünnungen Flanken, Weichen
Einstand Schlupfwinkel
Fähe weiblicher Fuchs, Dachs, Marder
Fahne die lang herabhängenden Haare am Schwanz
Fang Reißzähne der Raubtiere; Jagdbeute; Maul (Fuchs, Hund Wolf)
Fänge Dolchkrallen der Raubtiere
Feder Rückenborste beim Schwarzwild
Federwild Fasane, Reb- und Birkenhühner, Wildenten u.a.
Frischling junges Wildschwein
Gabler Gabelbock
Geäfter die beiden hinteren Zehen beim Schalenwild
Geäse Maul bei Hirsch und Reh
Gebrech Rüsselscheibe der Wildschweine
Geheck Nachkömmling eines Wurfes
Gehöre Ohren
Geiß Ziege
Geläuf Fährte von Hase und Federwild
Gelege Vogelnest voll Eier
Gescheide Gedärme
Geschmeiß Raubvogelkot
Gesicht Augen, Sehvermögen
Gesperre Brut von Federwild
Gewehre Hauer der Wildschweine (Gewerf, Gewaff)
Haarwild jagdbare Säugetiere
Haken Hauer des Keilers; plötzliche Richtungsänderung des verfolgten Hasen
Hasensilvester Der 15. Januar, der Tag an dem die Jagd auf Feldhasen endet
Hauer Eckzahn des Keilers
Hirschfänger Seitenwaffe des Jägers, mit dem angeschossenes Wild getötet wird
Hochwild Hirsch, Gämse, Elch, Steinbock, Bär
Jägerlatein aufschneiderische Jagdgeschichten
Kahlwild geweihlose weibliche Tiere
Kalb Reh- Hirschjunges
Keiler männliches Wildschwein
Kessel Höhle, Lager von Wildtieren
Kitz junges Reh, junge Ziege, junge Gämse
Kobel Nest des Eichhörnchens
Läufe Beine der vierfüßigen Jagdtiere
Lauscher Ohren der wilden Huftiere
Lecker Zunge des Haarwildes
Lichter Augen des Hirsch-, Reh- und Gamswildes
Löffel Ohren der Hasen
Losung Ausscheidungen der Tiere
Luder Lockköder
Lunte Schwanz des Raubhaarwildes
mahlen am Baumstamm reiben um sich von Schädlingen zu befreien
Muffel Schnauze, besonders Lippen der Huftiere
Niederjagd Jagd auf kleines Getier
Niederwild Hasen, Rebhühner, Marder, Luchs u.a.
Nimrod leidenschaftlicher Jäger
Rammler Hase
Raubwild jagdbare Raubtiere und Raubvögel
Rauschzeit Paarungszeit
Ricke weibliches Reh, Muttertier
Riss Beute des Raubwildes
Rotwild Hirsche und Rehe
Rüde männlicher Wolf, Fuchs, Dachs oder Marder
Ruder Füße der Schwimmvögel
Rute Schwanz der Hunde, Wölfe und Marder
Sasse Lager des Hasen
Schalen Hufe der Rehe, Wildschweine, Gämsen und Hirsche
Schalenwild Rot- und Damwild
Schaufeln Elchgeweihe
Schmalreh junges weibliches Reh
schnüren die Läufe (von Wolf, Fuchs, Luchs) schnurgerade hintereinandersetzend traben
Schwarte Haut bei Schwarzwild und Dachs
Schwarzwild Wildschwein
Schweinesonne Der Mond (weil bei wolkenlosen Vollmond die Schussbedingungen für Wildschweine besonders günstig sind; gutes Büchsenlicht)
Schweiß Blut verletzter Tiere
Seher Augen des Hasen
Spiegel heller Fleck am Hinterteil von Rotwild
Spießer Hirsch, Bock mit Erstlingsgeweih
Spross Enden des Hirschgeweihs
Sprung kleines Rudel Huftiere
Sprünge Hinterläufe des Hasen
Stalking An die Beute heranpirschen (davon abgeleitet der "Stalker", der sich aufgrund nicht erwiderter Liebe oder aus Rache an sein Opfer heranpirscht, es systematisch verfolgt, umkreist, bedroht und in jedem Fall belästigt)
Standarte Schwanz bei Fuchs und Eichhörnchen
Ständer Füße des Federwildes (außer Fasan, Waldhuhn und Schwimmvögeln)
Stange Geweih; Schwanz von Fuchs und Wolf
Wechsel regelmäßig benutzter Weg des Tieres
Weidmannsheil;
Weidmannsdank Jägergruß;
Erwiderung auf einen Jägergruß
Weidsack Pansen beim Wild
Weidwund verwundet durch Schuss in die Eingeweide
Welpen junge Füchse, Hunde und Wölfe
werfen gebären bei vierfüßigen Haustieren
Wildbret Fleisch des geschossenen Wildes
winden schnuppern, den Wind prüfen
Windfang Nase
Zitze Euter
Jagdliche Brüche
Bruchzeichen haben ihren Sinn sowohl im jagdlichen Brauchtum als auch im praktischen Jagdbetrieb. Brüche sind die Zeichensprache der Jäger. Sie sind so alt wie die Geschichte der Jagd. So lange verständigten sich die Jäger durch Bruchzeichen und schmückten sich, ihre Hunde und das erbeutete Wild mit Brüchen.
Im jagdlichen Brauchtum verkörpert der Bruch eine ethische und ästhetische Funktion. Diese Gruppe sind die so genannten "Streckenbrüche". Dazu zählt man den Inbesitznahme - Bruch, den letzten Bissen, den Schützen- oder auch Erleger - Bruch. Der letzte Bissen wird in Form eines kurzen grünen Bruches dem gestreckten Wild in den Äser geschoben. Ursprünglich wurde der letzte Bissen nur dem männlichen Schalenwild gegeben. Mittlerweile ist er aber oft auch bei weiblichem Wild und auch bei Birkhahn, sowie beim Murmeltier zu sehen. Der Jäger hat das Wild in Besitz genommen und zeigt damit an, dass das Stück rechtmäßig erlegt ist. Der letzte Bissen ist eine Form der Respektbezeugung gegenüber dem gestreckten Wild. Im Jagdbetrieb dienen die Brüche der Verständigung, der Nachrichtenübermittlung und der Ordnung und Sicherheit. Zu dieser Gruppe gehören Haupt-, Leit-, Anschuss-, Fährten-, Standplatz-, Sammelplatz-, Warte- und Warnbruch. Jeder Bruch ist anders geformt, teilweise auch befegt oder blank und hat so eine eindeutige Funktion.
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